Bitter: Armut nimmt in Bremen weiter zu!

Hier kommt meine heutige Rede im Landtag zum Zweiten Armuts- und Reichtumsbericht des Senats.

Es gilt das gesprochene Wort…

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

der zweite Armuts- und Reichtumsbericht bringt uns eine bittere Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die leider zu erwarten war. Die Armutslebenslagen der Bevölkerung haben sich seit dem ersten Bericht, also seit 2009, weiter verschlechtert. Und das extrem.

Jeder vierte Mensch ist im Lande Bremen von Armut betroffen. Trotz positiver Konjunktur, trotz weniger Arbeitslosen, trotz zahlreicher Maßnahmen zur Armutsbekämpfung.

Der zweite Bericht listet sie auf – Ganztagsschulen oder der Ausbau in der Kitabetreuung sind nur zwei Beispiele. Denn gute Bildung führt zu Qualifikation, zu besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und das wirkt präventiv.

Und was sagt uns der Reichtumsbericht?

Bremen hat viele Millionäre. Reiche die immer Reicher werden. Die Vermögenseinkommen beispielsweise stiegen innerhalb von fünf Jahren um satte 40%. (Dokumentiert in diesen dicken Buch.) Der höchste Zuwachs also bei Dividenden, Unternehmensgewinnen von Personengesellschaften, Mieteinnahmen im Vergleich zu den anderen Ländern im Bundesgebiet.

Und was heißt das für uns?

Wir sind ein Landesparlament und müssen deshalb unsere Maßnahmen intensivieren. Auch vor dem Hintergrund der vielen Geflüchteten, die Bremen aktuell aufnimmt, und die bisher im Bericht keine Berücksichtigung finden.

Und wo müssen wir noch intensivieren? Bei der Bildung.

Sie ist Schlüssel, damit Kinder aus der Armutsfalle rauskommen. Denn Armut wird immer noch über Generationen hinweg vererbt.

Ein großer Schritt ist bereits getan, mit dem neuem Ressortzuschnitt Kinder und Bildung – das heißt klare Zuständigkeit mit Verantwortung bei einer Senatorin. Und mit diesem großen Schritt können wir unsere Idee der frühkindlichen Bildung noch stärker verankern. Unser Ziel ist, ein durchgängiger Bildungsplan für Kinder von 0-10 Jahren zu schaffen. Das geht nur, wenn Kitas und Grundschulen noch enger zusammen-arbeiten. Die Sprachförderung ist ein wichtiger Baustein in diesem Konzept. Das ist die Herausforderung, die unsere Bildungssenatorin angehen muss.

Und wo noch? Beim Ausbau der Kindertagesstätten.

Da sind wir schon richtig gut. Das heißt aber nicht, dass wir noch besser werden müssen – vor allem in Stadtteilen mit sozial benachteiligten Familien. Bei den unter dreijährigen Kindern haben wir den Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung erfüllt. Die Betreuungsquote liegt  in Bremen bei 46%. Unser Ziel ist eine Ausweitung. Wir wollen auf 50% rauf, vor allem, um mehr Plätze in den Stadtteilen mit hoher Kinderarmut zu schaffen. Bei den drei bis sechs jährigen Kindern halten wir auch zukünftig daran fest, 98% außerhalb der Familie zu betreuen – das erfordert weiterhin den Ausbau durch Neubau.

Zudem ist es Ziel der Rotgrünen Koalition, mehr ganztägige Angebote für alle!!! Kinder von Anfang an zu schaffen. Wir haben den Rechtsanspruch auf 6-stündige Betreuung für die drei bis sechsjährigen Kinder festgelegt. Die Koalition will zudem erreichen, dass der Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr ausgeweitet wird.

Ganztagsbetreuung hilft auch den Eltern, wenn sie Arbeit haben oder in Förderprojekten der Agentur für Arbeit stecken. Und vor allem hilft es allein-erziehenden Müttern. Der vorliegende Bericht weißt insbesondere auf die prekäre Lebenssituation dieser Frauen hin, denn Kinderarmut ist unmittelbare Folg der Einkommensarmut von alleinerziehenden Müttern. Und da möchte ich als sozialpolitische Sprecherin meine Kolleginnen von der SPD und den Grünen nochmals ermuntern, Alleinerziehenden ein Anrecht auf Ganztagsbetreuung schon in den Kitas zu ermöglichen. Damit gerade Alleinerziehende, die arbeitslos sind, überhaupt die Chance haben, Arbeit zu suchen. Das wäre auch ein Baustein für ein spezielles Programm für allein erziehende Frauen.

Und lassen sie mich noch kurz auf den Arbeitsmarkt schauen.

Da hat ja schon der Armutsausschuss vorgeschlagen, dass die Chancen auf dem Arbeitsmarkt endlich verbessert werden müssen. Aber da sind meist die Männer im Blick, wenn es um arbeitsmarktpolitische Instrumente geht. Da gilt es umzusteuern – zugunsten der Frauen!

Und hat nicht auch die Wirtschaftsförderung überwiegend die Männer im Auge? Die Cluster in der Wirtschaftsförderung sind vornehmlich ausgerichtet auf Arbeitsplätze für Männer – Beispiel Windenergie. Wirtschaftsförderung muss aber Frauen in Arbeit bringen wie zum Beispiel im Gesundheits- und Dienstleistungsbereich. Da muss jetzt das Wirtschafts- und Arbeitsressort in die Füße kommen.

Auch muss das Bremische Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm endlich mehr auf Frauen ausgerichtet werden. Frauen in Armut hilft dieses Programm bislang nicht weiter. Überwiegend wurden die Frauen beraten. Aber von Beratung können sie sich  und ihren Kindern nichts zu Essen kaufen. Diesen Frauen wurden gerade nicht – anders als bei den Männern – Angebote zur Beschäftigungsförderung unterbreitet. Das muss sich jetzt ändern! Auch diese Frauen haben ein Recht auf existenzsichernde Arbeit.

Auch an dieser Stelle wird mal wieder deutlich, dass wir Armut nur ressortübergreifend bekämpfen können.

Und deshalb ist es gut so, dass die bisherigen Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, abgeklopft werden ob sie auch erfolgreich sind. Die Evaluation der Maßnahmen wird uns spätestens mit dem dritten Armuts- und Reichtumsbericht vorliegen. Ein weiser Entschluss des Senats, den wir Grüne mit der Forderung verknüpfen, die Handlungsempfehlungen des Armutsausschusses ebenfalls in die Evaluation einfließen zu lassen.

Und zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen sie uns noch einmal zu den Reichen in diesen Bericht gucken.

Denn bei allen Anstrengungen, die wir hier im Landesparlament machen, kommen wir unserem Ziel der Armutsbekämpfung kaum weiter. Fragen Sie die Wissenschaftler, fragen Sie oxfam, ohne eine höhere Besteuerung der Einkommen und Vermögen ist eine Bekämpfung der Ursachen schlicht nicht möglich. Das wissen wir auch alle. Und gucken wir über den Tellerrand, besonders hart sind die Stadtstaaten betroffen. Deshalb gibt es nur einen Ausweg, die nur über das Bundesparlament machbar ist.

Vermögenssteuer wieder einführen, Erbschaften weitaus stärker besteuern als bisher, das Ehegattensplitting abschmelzen zugunsten einer Kindergrundsicherung – und da, Herr Röwekamp ist auch ihre Fraktion gefragt. Im Armutsausschuss haben Sie sich ja schon als Heilsbringer der Armutsbekämpfung präsentieren wollen.

Starten sie endlich eine Bundesinitiative in ihrer Partei in Berlin und begründen sie das mit der steigenden Armut in Bremen, die in diesem Buch dokumentiert ist. Starten Sie durch, Herr Röwekamp, dass Problembewusstsein für Armut in Bremen haben sie jetzt ja.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Posted by:

Susanne Wendland

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