Bremer Politik schraubt am Wahlrecht. Einfluss der Wähler*innen verteidigen.

(Rede in der Bürgerschaft, Landtag. Es gilt das gesprochene Wort.)

Das Parlament wird bald das Wahlrecht ändern. Die Parteiliste wird dadurch wieder gestärkt, die Personenstimmen geschwächt. So wird es am 16.1.18 der Ausschuss zur „Erhöhung der Wahlbeteiligung und Weiterentwicklung des Wahlrechts“ entscheiden. Und der Ausschuss erwartet tatsächlich, dass dadurch die Zusammensetzung des Parlaments stärker der Zusammensetzung der Gesamtbevölkerung entspricht. Die Hoffnung sei auch, dass bald mehr Frauen und jüngere Abgeordnete in der Bürgerschaft sitzen.

Muss deshalb das Wahlrecht geändert werden? Muss deshalb das Volksbegehren von Mehr Demokratie e.V. gekippt werden? Das 2006 das aktuelle Wahlrecht eingefordert hat. Und es mit 70.000 Stimmen auch umsetzen konnte.

Gewollt war, dass die Wählerinnen und Wähler mehr Einfluss bekommen. Und spezielle Kandidaten mehr unterstützen. Was auch genutzt wurde. Beispiel die Wahl 2015. 60% Personenstimmen bei der SPD, 50% bei den Grünen. Und genau Grüne und SPD machen sich jetzt daran, diesen Einfluss der Wähler wieder zurück zu schrauben.

Warum machen Sie das?

Parteiklüngel bekommt wieder mehr Einfluss bei der Bürgerschaftswahl 2019

Ich vermute, es geht darum, den Einfluss der im elitären Klüngel ausbaldowerten Parteilisten wieder zu stabilisieren. Denn so läuft es doch. Als erstes sichert sich der elitäre Zirkel untereinander ab. Und dann werden die Seilschaften bedient und sich auf Kandidaten verständigt, die wie Parteisoldaten zu agieren haben. Und genau das wurde mit dem neuem Wahlrecht aufgebrochen. Das war Sinn und Zweck des Volksbegehrens. Ich bin das beste Beispiel. Abgeschoben auf Listenplatz 31 habe ich durch Personenstimmen den Widereinzug ins Parlament geschafft.

Und glaubr Rot-Grün tatsächlich, dass das Parlament ein Spiegelbild der Bevölkerung wird, wenn Sie die Liste wieder stärken? Dass der Arbeiter aus Hemelingen oder der Hartz IV-Empfänger aus Bremerhaven Lehe in die Bürgerschaft einziehen, wenn die Parteiliste wieder mehr Macht hat? Kein Stück. Eigenständige und kritische Geister werden in Zukunft kaum eine Chance haben. Denn zukünftig wird nur noch jeder zehnte anstatt wie bisher jeder vierte Kandidat durch direkte Personenstimmen ins Parlament einziehen.

Wenn man schon das Wahlrecht ändert, dann so, dass der Einfluss der Bürger noch weiter gestärkt wird. Das war ja eigentlich auch das Ziel des Ausschusses, eine Weiterentwicklung des Wahlrechts. Ein Rückschritt ist es nun geworden. Ein Fortschritt wäre gewesen, nur noch die Personenstimmen zum Zuge kommen zu lassen – also ein Personenwahlrecht zu etablieren.

Große Parteien fürchten den Einfluss der Wähler*innen

Ich finde, was die rot-grüne Koalition, angekündigt mit den Stimmen der CDU und der Linken hier abliefern, hat schon fast antidemokratische Züge. Sie fürchten sich vor der Macht der Wählerinnen und Wähler. Sie wollen mit der Änderung die Parteienverdrossenheit bekämpfen und was machen Sie stattdessen? Sie stärken den Einfluss ihrer Parteispitzen. Kluger Schachzug, aber nur, um die Allmacht der Parteien zu festigen.

 

Posted by:

Susanne Wendland

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