Das ist unser Freizi – Über das besetztes Haus im Buntentor*
Fünf Tage nach der offiziellen Besetzung des Freizi Buntentor schaue ich mal wieder vorbei. Mit der Besetzung wollen die Jugendlichen gegen die vom Stadtteilbeirat Neustadt beschlossenen Kürzung der Finanzmittel protestieren. Ein Sozialarbeiter muss zum 01.04. gehen, deswegen gibt es keine durchgängigen Öffnungszeiten mehr. Sie protestieren aber auch gegen den eigenen Träger, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK). Von dem fühlen sie sich im Stich gelassen, weil dieser seit Jahren verpasst hat, ein Konzept zur Absicherung der offenen Jugendarbeit vorzulegen. Irgendwann soll hier das Licht ganz ausgehen.
Es ist Sonntag, Nachmittag. 20 Grad – Frühlingsanfang. Ich besuche die Besetzer_innen, die grad in der Sonne auf ihren – von wem auch immer in den letzten Tagen vorbei gebrachten – Sofas chillen. Es gibt Kuchen, bereits mundgerecht zubereitete Äpfel und Orangen, Fritz und Mate stehen aufn Tisch, Erdbeereis wird mir gereicht. An Essen und Trinken fehlt es den Jugendlichen des Freizeitzentrums nicht. Es treffen viele Lebensmittelspenden ein, bis hin zu bereits angekündigt und gesponserten veganen Kochevents. Nur vom Brot, davon haben sie zu viel, und fragen mich, ob ich welches mitnehmen möchte.
Acht Jugendliche sind gerade da, kleine Besetzung. Die anderen sind unterwegs, schlafen sich zu Hause aus (damit sind auch die Nachtwachen gemeint), machen je nach Alter Hausaufgaben oder bereiten sich aufs Abitur vor. Die Stimmung ist entspannt, lustig, witzig und zwischendrin sehr ernst. Die Jugendlichen erzählen mir von ihren Traum, einem selbstverwaltetem Jugendfreizi. Dies am Besten in Eigenregie oder aber mit einem anderem coolem Träger, denn mit dem jetzigen Träger, dem DRK, wollen sie nicht mehr. Besetzung sei Hammer anstrengend – sagt Melissa, jetzt sei Wochenende, und sie fahren runter. Es sei unglaublich, sagt sie selbstbewusst und taff, wie gut hier alles läuft. Wo sie doch selbst so eine Angst davor hatte, dass Jugendfreizi zu besetzen. Angst vor den Aufgaben. Angst vor der Betreuung der Gruppen. Doch sie haben es geschafft, ihre Presseerklärungen geschrieben, die Pressekonferenz gut über die Bühne gebracht, Aufmerksamkeit erzeugt, viele Unterstützer_innen gewonnen, mit vielen Politiker_innen gesprochen. Jeden Abend trifft sich der Besetzer_innenrat, bespricht die Aufgabenverteilung, sorgt dafür, dass alle AGs gut besetzt sind, bespricht die aktuelle Lage und was als nächstes politisch ansteht.
Nachts schlafen bis zu 15 Jugendliche in ihrem Freizi, was die Erwartungen weit übersteigt.
In dem einen Raum liegen Schlafsäcke dicht an dicht, mobile Endgeräte laden, die Fensterbank dient als Kleiderschrank. In dem anderen Raum, in dem die Jüngeren übernachten, ist auch ein Schlafplatz für einen Volljährigen eingerichtet, damit auch immer jemand da ist. Die Besetzer_innen setzen die Betreuung der Lücke-Kinder fort. Das war ihnen wichtig. Sie betreuen Kinder im Alter von 10 bis 15, die nicht mehr in den Hort gehen können aber auch nicht zu einer Ganztagsschule gehören. Dafür haben sie von den Eltern eine Einverständniserklärung. Und die Kinder kommen, ca. 10 sind es. Für diese Kids wird gerne früher als gewohnt aufgestanden, die Früh-AG macht das Frühstück, und sorgt dafür, dass alle in die Schule gehen, mittags wird gekocht und anschließend gibt es Hilfestellung bei den Hausaufgaben.
Mein Nachmittag im besetzten Freizi war beherzt und ich auch etwas beseelt – durch die Jugendlichen. Nicht, weil sie nur von ihrer Abend-Grill-Party und ihrer neuen Dusche (mit Warmwasser) auf dem Außengelände, ihrer Idee eine Garten-Beet-AG zu gründen begeistert erzählen, sondern auch weil sie so wunderbar diskutieren. Darüber, wann und wo Rassismus beginnt, über die (deutlich mehr) Pro’s und Con’s zur Legalisierung von Hanf, und ob nicht doch viel stärker darüber nachgedacht werden muss, ob das Freizi *autonomes Freizi werden soll. Ich jedenfalls bin überzeugt. Von den Jugendlichen. Von ihrer Ernsthaftigkeit. Ihrer klaren politischen Ausrichtung. Und Coolness mit Herzlichkeitsfaktor. Gehe sehr froh nach Hause – nur ohne Brot, dass hatte ich ganz vergessen.
4 Comments
HUT AB ,
und haltet durch
Du hast es auf den Punkt gebracht 🙂
Das ist eine super gute Zusammenfassung die alles beinhaltet
Viel vielen Dank das du vorbei gekommen bist,es war ein sehr interessanter,lustiger und enspannter Nachmittag.
Danke fuer die schoene Zusammenfassung. Und Aufgeben no way 🙂
Richtig schöne Zusammenfassung! Wir werden kämpfen, bis wir unser Ziel erreicht haben! 🙂