Vorfahrt für die eigene Wohnung – Das Recht auf Wohnen gilt für alle!
Wir Grüne wollen in der Wohnunglosenpolitik Schritt für Schritt weg von stationären Unterbringungsheimen und zentraler Armutsverwaltung. Wir Grünen wollen, im Sinne der Menschlichkeit, das jeder wohnungslose Mensch zukünftig dezentral in einer eigenen Wohnung leben kann.
Folgend ist meine Einbringungsrede zu dem von mir initiierten Antrag „Zukunft der Wohnungslosenpolitik“ abgebildet.
Hier geht es zum Antrag und zur Pressemitteilung. Und die erste Ergebnisse der Umsetzung des Antrags.
Hier *geht es zum Positionspapier der Grünen Fraktion. Und zum Artikel “Grüne fordern Umdenken für Obdachlose”, Nordwestzeitung online
Hier geht es zur Kleinen Anfrage “Mehr Transparenz bei den Kosten der Wohnungslosenhilfe. Und zur Kleinen Anfrage “Umsetzung des Bremer Notstandsvertrages”
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(Es gilt das gesprochene Wort, Stadtbürgerschaft 11.12.12)
*Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist klirrend kalt draußen. Nachhause kommen heißt, vor allem eins: Wärme. Gerade jetzt wird besonders deutlich, was es heißt, keine eigene Wohnung zu haben. Ein Gedicht eines Wohnungslosen drückt das wie folgt aus:
„Wandle durch die Straßen, abwesend, gleich einer Trance. Woher komm ich…wohin geh ich? Heim…?Nach Haus…? Wandle in der Leere…? in die Leere…? Sehnsucht… Schau den Pärchen nach, die liebevoll sich umarmen… Liebe? – Voller Wehmut ich schau auf erleuchtete Fenster, warmes Licht auf die Gassen fällt. Menschen lachen, halten sich im Arm, liebevoll…, sie haben ein zu Hause…. Wehmut (…).“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kampf gegen Wohnungslosigkeit fordert von uns mehr als die Barmherzigkeit einer warmen Suppe und einem Bett in einer Notunterkunft. Beides ist unerlässlich, um das Überleben zu sichern. Der Grundsatz muss aber lauten: Jeder Mensch braucht eine eigene Wohnung.
Dieses ist als Recht in unserer Landesverfassung verankert. Dieses Recht war wichtig nach dem zweiten Weltkrieg, um allen Menschen ein eigenes Dach über dem Kopf zu verschaffen. Es hat aber auch heute nichts an seiner Aktualität verloren. Der Verlust der Wohnung ist in der Regel mit dem Verlust der Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft verbunden. Und umgekehrt ist eine eigene Wohnung der Schlüssel für eine Rückkehr in das soziale Leben.
Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, dass der Senat seine Aktivitäten gegen Wohnungslosigkeit bündelt. Wir fordern den Senat deshalb auf, uns ein Programm zur Zukunft der Wohnungslosenpolitik vorzulegen.
Was wir brauchen ist ein ressortübergreifendes Konzept für ein integriertes Gesamthilfesystem. Uns als Fraktion der Grünen geht es dabei um folgende drei Punkte: Wir wollen ausreichend bezahlbaren und guten Wohnraum, eine Dezentralisierung und Ambulantisierung der Hilfen und ein mehr an Trägervielfalt.
Einen ersten Schritt für bezahlbaren Wohnraum hat der Rot-Grüne Senat mit seinem Programm zur sozialen Wohnraumförderung gemacht. Von den 700 neu zu fördernden Sozialwohnungen sollen 140 Wohnungen entstehen, die für diese besondere Gruppe der Wohnungslosen, also Alleinstehende Wohnungslose, Strafentlassene, psychisch Kranke und Drogenabhängige und für Asylbewerber vorgesehen. Das ist ein wichtiger und guter Baustein. Dieser eine Schritt entbindet uns aber nicht von der Verantwortung, um ausreichend Wohnraum für die Schwächsten in unserer Gesellschaft sicher zu stellen.
Wir fordern den Senat auf, den Wohnungsnotstandsvertrages wieder richtig Leben einzuhauchen, seine Einhaltung zu kontrollieren, und uns darzulegen, wie dieses Instrument wirkungsvoll gegenüber den Wohnungsbauunternehmen durchgesetzt werden kann. Erst ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren und guten Wohnungen ermöglicht die Selbstbestimmung der Menschen und reduziert die Wartezeiten für Bestandswohnungen, die unterhalb der Mietobergrenze liegen.
Wir Grüne streiten für eine dezentrale Ausrichtung und Ambulantisierung der Wohnungslosenhilfe. Diese will weg von bisher überwiegend zentralen und stationären Unterbringungsformen und will hin zu mehr lebensbegleitenden persönlichen Hilfen in eigenen Wohnraum. Eine eigene Wohnung mit persönlichem Mietvertrag ist eine der entscheidenden Bedingungen für eine Integration benachteiligter Menschen in die Stadt- und Stadtteilgesellschaft Bremens.
Vorfahrt für die eigene Wohnung – das heißt aber auch, dass unsere staatliche Verantwortung bestehen bleibt bei Bedarf betreute und individuelle Hilfe zur Verfügung zu stellen.
Eine intensive Wohnbegleitung soll je nach Bedarf des Einzelnen gestaltet werden und kann in eigenem Einzelwohnraum oder in Form von wohn- und kleinen Hausgemeinschaften erfolgen. Dabei muss sichergestellt sein, dass ehemals wohnungslose Frauen und Männer nach Beendigung der wohnbegleitenden Hilfe in ihrem Wohnraum dauerhaft verbleiben können. Hierbei muss eine Trennung von Wohnungsangebot und persönlicher Hilfe gewährleistet sein. Dabei sollen sowohl die persönlichen Hilfen als auch die Wohnangebote in Zukunft von mehreren Trägern angeboten werden.
Um solch ein integriertes Gesamthilfesystem zu entwickeln, bedarf es eines ressortübergreifenden Handelns unter Einbeziehung aller beteiligten und möglichen Träger und der Anhörung betroffenen wohnungsloser Menschen. Hier müssen alle an einen Tisch!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit dafür streiten, dass im Sinne der Menschlichkeit das Recht auf Wohnen aus unserer Landesverfassung wieder allen Bürgern unserer Stadt gewährt wird.
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2. Redebeitrag
Ich möchte noch mal zwei oder /drei Klarstellungen machen
Ich möchte – bevor ich auf den Antrag der CDU zu sprechen komme – noch nochmal zwei Punkte klarstellen und etwas vertiefen.
Zum Punkt Dezentralisierung: Derzeitig existiert ein Wohnangebot für Betreuung in Einzelwohnungen mit gerade mal 16 Plätzen für Männer. Diese Platzzahl ist sehr gering. Hinzu kommt, dass diese Männer nicht über einen eigenen Mietvertrag verfügen, sondern in der mächtigen Abhängigkeit ihrer Betreuer stehen. Dieses Angebot an betreutem Wohnen findet zudem zentral in einem großen Haus gemeinsam mit Notfällen, aktiven Alkoholikern und auch Abstinenzlern statt. Und das alles unter einem Dach. Da verstärken sich doch die Probleme der Menschen. Auch das Übergangswohnen ist in diesem großen Haus untergebracht, Übergangswohnen, was in Einzelfällen auch bedeutet, dass hier Wohnungslose bis zu sieben Jahren im Übergangswohnen sind. Deswegen streiten wir Grüne für eine Dezentralisierung und Ambulantisierung der Wohnungshilfen.
Zum Punkt individuelle Hilfen und Übergangswohnen: Wir Grünen wollen, dass Wohnungslose bei Bedarf mit betreuter und individueller Hilfe in eigenem Wohnraum unterstützt werden. Dies kann mit Hilfe eine Hilfeplans erfolgen, unter der aktiven Beteiligung des Betroffen, analog wie wir es auch aus der Praxis der Kinder und Jugendhilfe kennen. Dies bedeutet, dass wir weg wollen von pausschalem Wohntraining bzw. „Probewohnlernen“ in stationären Großeinrichtungen und hin zu individuellen Hilfen die passgenau sind – so kann es zum Beispiel sein, dass ein ehemals Wohnungsloser Hilfe benötigt, um Ämtergänge zu bewältigen, eine andere Person braucht aufgrund von Krankheit eine kontinuierliche und intensive Unterstützung um zum Arzt zu gehen oder zum Einkaufen usw.
Für diejenigen Betroffenen, die nicht von Anfang an im eigenen Wohnraum und nach Bedarf mit professioneller Unterstützung leben können brauchen wir weiterhin Übergangswohnen. Dieses Übergangswohnen darf – so wie das Wort Übergang buchstäblich meint – nur für einen befristeten Zeitraum gelten. Diese Übergangszeit muss eine Brücke darstellen und klären, wie es weitergehen soll. In dieser Zeit muss professionell geklärt werden, was der Betroffene wirklich braucht – wie zum Beispiel eine stationäre Therapie – oder eine ambulante Therapie, die zusätzlich begleitend unterstütz wird, aber derjenige bereits in einer eigenen Wohnung lebt – oder aber z.B. aufgrund von starker Alkoholsucht für den Betroffenen besser ein Aufenthalt in einer Dauereinrichtungen in Frage kommt.
Zum Antrag der CDU: Der Dringlichkeitsantrag der CDU ist für uns eine wahre Überraschung. Eine Überraschung deshalb, weil die CDU Fraktion in den vergangen 13 Jahren sich keinen einzigen Deut für die Gruppe der Wohnungslosen interessiert hat. Bis gestern waren diese hoch stigmatisierten bremischen Bürger_innen für einen Teil der CDU-Fraktion doch noch unbedeutende Randgruppen.
In ihrem Antrag betont die CDU – Fraktion vor allem die Notwendigkeit der stationären Unterbringung. Unsere rot-grüne politische Zielsetzung der Dezentralisierung und Ambulantisierung bleibt bei Ihnen jedoch unterbelichtet. Uns geht es doch darum, diesen bremischen Bürger_innen wieder Selbstbestimmung zu ermöglichen, durch Ambulantisierung ihre Abhängigkeit zu reduzieren und sie in normale Nachbarschaften zu integrieren.
Was Sie von der CDU Fraktion hingegen überbelichten ist die Finanzierungsfrage. Sie zweifeln an einer realen Umsetzbarkeit ambulanter Hilfen. Könnte es sein, dass sie die klammheimliche Hoffnung hegen, das bei einer finanziellen Machbarkeitsprüfung herauskommen könnte, dass nur das alte stationäre System weiterdrehen kann?
Es ist doch glasklar, dass wir die Phase der Umstellung mit dem Ziel der Neuausrichtung der Wohnungshilfen ausreichend finanziert hinterlegen werden. Dafür erklärt sich die Rot-Grüne-Koalition mit Ihrem Antrag verantwortlich. Ihren Antrag lehnen wir daher ab.
Hier geht es zum Antrag und zur Pressemitteilung.
Hier *geht es zum Positionspapier der Grünen Fraktion.
Hier findet ihr erste Ergebnisse der Umsetzung des Antrags.
Hier zum Artikel “Grüne fordern Umdenken für Obdachlose”, Nordwestzeitung online
Hier geht es zur Kleinen Anfrage “Mehr Transparenz bei den Kosten der Wohnungslosenhilfe.
Hier geht es zur Kleinen Anfrage “Umsetzung des Bremer Notstandsvertrages”
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