Das Betreuungsgeld ist absurd und ungerecht

Während Bremen – wie die meisten westdeutschen Kommunen – alle Mühe hat das notwendige Geld für bedarfsgerechte Betreuungsplätze für Unterdreijährige Kinder zusammenzukratzen, plant die Bundesregierung Milliardenausgaben für ihr ideologisches Kampfprojekt: Das Betreuungsgeld. Dieses Betreuungsgeld mag vieles sein. Ein Betrag zur Lösung der Probleme unserer Zeit ist es nicht. Das Betreuungsgeld ist eine KiTa-Fernhalteprämie! Es ist eine bildungspolitische Katastrophe für viele Kinder in unserem Land.

Folgend ist die Rede im Parlament abgebildet. Hier geht es zur Presseerklärung und zum Antrag in der Bremischen Bürgerschaft.Hier geht es zur Kritik an der deutschen Familienpolitik.

 

****

Landtagsrede am 06.06.12 zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD zum Betreuungsgeld

(Es gilt das gesprochene Wort )

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

während Bremen – wie die meisten westdeutschen Kommunen – alle Mühe hat das notwendige Geld für bedarfsgerechte Betreuungsplätze für Unterdreijährige Kinder zusammenzukratzen, plant die Bundesregierung Milliardenausgaben für ihr ideologisches Kampfprojekt: Das Betreuungsgeld. Dieses Betreuungsgeld mag vieles sein. Ein Beitrag zur Lösung der Probleme unserer Zeit ist es nicht.

Das Betreuungsgeld ist eine KiTa-Fernhalteprämie! Es ist eine bildungspolitische Katastrophe für viele Kinder in unserem Land. In den ersten Lebensjahren werden die Grundlagen für die späteren Bildungschancen gelegt. Eine hohe Beteiligung von Kindern verringert die Abhängigkeit des späteren Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft der Kinder. Hier gibt es bei uns in Deutschland noch einen erheblichen Nachholbedarf. Familien mit geringen Einkommen wird mit dem Betreuungsgeld ein falscher Anreiz gesetzt, ihre Kinder nicht an frühkindlicher Bildung teilhaben zu lassen.

Das Betreuungsgeld ist eine Herdprämie! Es zementiert alte Geschlechterrollen anstatt echte Wahlfreiheit für Mütter zu schaffen. Eine schnelle Rückkehr oder ein schneller Einstieg insbesondere von jungen Frauen in das Berufsleben ist nur mit einem bedarfsgerechten  Angebot an Betreuungsplätzen auch für Unterdreijährige möglich.

Dagegen wird durch das Steuerrecht das Familienmodell der Einverdienerehe – bei der Frau bei Kind und in der Küche verbleibt – noch immer großzügig subventioniert. Das gilt insbesondere für das Ehegattensplitting.

Das Betreuungsgeld ist letztendlich nichts weiter als eine zweite Mövenpicksteuer. Was die CSU in Bayern braucht ist ein Symbol für das alte tradierte Rollenverständnis von Mann und Frau. Das ist nicht nur absurde schwarz-gelbe Retropolitik. Was schlimm genug ist. Sondern: Die schwarz-gelbe Koalition stellt parteipolitische Partikularinteressen über das Gemeinwohl, und selbst über ihre eignen Wähler.

Was die CDU in Bayern braucht ist ein Symbol für das alte tradierte Rollenverständnis n Mann und Frau. Das ist nicht nur absurde schwarz-gelbe Retro-Familienpolitik. Was schlimm genug ist. Sondern: Die schwarz-gelbe Koalition stellt parteipolitische  Partikularinteressen über das Gemeinwohl, und selbst über ihre eigenen Wähler. Das Betreuungsgeld ist nichts weiter als eine zweite Mövenpicksteuer.

Der letzte Woche von der Ministerin Schröder vorgelegte 10-Punkte-Plan ist nicht mehr als ein Feigenblatt. Denn die Probleme der Kommunen beim Ausbau der benötigten Plätze werden dadurch nicht gelöst. Allein in der Stadt Bremen gibt es einen zusätzlichen Bedarf von 800 Krippenplätzen. Wir brauchen verlässliche finanzielle Zuschüsse um die Plätze dauerhaft bereithalten zu können. Kredite für die Investitionen sind nicht die Lösung. So billig kann sich Bundesfamilienministerin nicht aus der Affäre ziehen.

Der von der CDU hier vorgelegte Dringlichkeitsantrag ist ebenfalls nicht mehr als ein Feigenblatt und pure Augenwischerei, um einen faulen Kompromiss zu verschleiern.

 

Die Jugend- und Familienministerkonferenz hat mit großer Mehrheit den Bund aufgefordert, die finanziellen Mittel für Krippenplätze den tatsächlichen Bedarf anzupassen. Beim Krippengipfel 2007 ging alle Beteiligten noch davon aus, dass eine Betreuungsquote von 35% ausreichen würde, um dem Rechtsanspruch zu genügen. Auf dieser Grundlage wurde der finanzielle Beitrag des Bundes für den Ausbau der Betreuungsplätze berechnet. Inzwischen wissen wir alle, dass eine Betreuungsquote von 35% – gerade in Ballungsgebieten und Universitätsstädten wie Bremen – nicht ausreichen wird, um den Bedarf abzudecken. Sowohl die investiven Mittel für den Neubau oder die Erweiterung der bestehenden KiTas, als auch die laufende Mittel für die Erzieherinnen und Erzieher, die Kosten fürs Essen und die Betriebskosten müssen deshalb dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden.

Wir unterstützen deshalb die Forderung der Sozialsenatorin Anja Stahmann nach einem neuen Krippengipfel unter Beteiligung von Bund, Länder und Kommunen. Ziel eines solchen Gipfels ist die Vereinbarung realistische Ausbauziele und wirksame Maßnahmen zur fristgerechten Umsetzung des Rechtsanspruchs festzulegen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die geplanten Milliarden für das unsinnige und ungerechte Betreuungsgeld in den Ausbau der Plätze für Kinder zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr zu stecken. Damit wäre allen geholfen. Kinder aus einkommensärmeren und bildungsfernen Familien erhalten Mittagessen und Bildungsangebote in den Krippen und KiTas. Das wäre ein klarer Weg, um die Abhängigkeit von Bildungschancen von der sozialen Herkunft zu reduzieren.

****

2. Redebeitrag Landtagsdebatte vom 06.06.12 (Es gilt das gesprochene Wort)

Wir Grünen sagen immer „Auf den Anfang kommt es an“. Eine gute frühkindliche Bildung legt den Grundstein für den späteren Bildungserfolg. Das Betreuungsgeld konterkariert doch, dass wir Kindertagesstätten zu noch besseren Bildungseinrichtungen ausbauen können.

In kaum einem anderen Land ist der Bildungserfolg so sehr vom Elternhaus abhängig wie in Deutschland. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, brauchen wir einen guten und verlässlichen Dreiklang aus Betreuung, Erziehung und frühkindliche Bildung. Das von der CDU gezielt ideologisch forcierte Betreuungsgeld hingegen ist eine bildungspolitische Katastrophe für die Kinder in unserem Land.

Es ist mir absolut schleierhaft, wie sie Class Rohmeyer und die gesamte CDU-Fraktion, wie sie sich hier gestern und auch heute hinstellen können, um diesen einfachen Zusammenhang zu ignorieren. Ihr inszeniertes Chaostheater schürt doch nur die Ängste von Müttern und Vätern. Der Antrag der CDU tut so, als seien sie hier in Bremen eine Partei mit einem modernen Rollenverständnis zwischen Mann und Frau. Ihre Rede hier aber gerade, Claas Rohmeyer, war eindeutig eine Retrorede. Und sie zeigt, dass sie wie die CSU in Bayern immer noch im Mittelalter leben.

Ihre Äußerungen entbehren zudem jeglicher Grundlage. Wir tun hier in Bremen doch alles, um mehr Plätze in der Kindertagesbetreuung zu schaffen. Es ist der! politische Schwerpunkt. Wir wollen auch die individuelle Sprachförderung sowie die Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher verbessern. Wir werben insbesondere bei Familien mit Migrationshintergrund verstärkt dafür, dass sie ihre Kinder in Krippen und Kitas geben. Auch dafür hat das Parlament in seiner letzten Plenar-Zusammenkunft als haushaltpolitischer Gesetzgeber grünes Licht gegeben.

Wie absurd und ungerecht die Anti-Kita-Prämie ist, zeigt, dass diese vor allem Doppelverdienern zugute kommen, die ihre Karrieren längst auf den Weg gebracht haben. Der blanke Hohn ist, das dies auch noch querfinanziert wird über Hartz-IV-EmpfängerInnen, denen das Geld als Einkommen angerechnet und von den Bezügen abgezogen wird.

Was aber bei uns, heute hier bei uns Rot-Grün, nach ihrem Chaostheater zurück bleibt ist ganz viel Energie und Kraft. Und ein starker Wille. Vielen Dank dafür. Diese Energie werden wir nutzen, um – und das sage ich ganz klar – den Spuk des Betreuungsgeldes auf allen politischen Ebenen zu beenden.

******

Hier geht es zur Presseerklärung.

Hier geht es zum Antrag in der Bremischen Bürgerschaft

 

 

 

Posted by:

Susanne Wendland

Leave A Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked (required):

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Back to Top