Fatal: Die Armutsspirale in Bremen dreht noch höher!

Im zweiten Bremer Armuts- und Reichtumsbericht vwird deutlich, dass trotz vieler Anstrengungen und Maßnahmen Bremens die Armutsspirale in Bremen weiter nach oben dreht. Aber nicht nur die Zahl der armen Menschen in Bremen nimmt zu,sondern es gibt auch immer mehr reiche Bremer*innen.

Als wir Grüne im Jahr 2009 mit an die Regierung kamen, haben wir von Anfang an gesagt, dass wir diese Kluft zwischen Arm und Reich nicht einfach hinnehmen. Unser Ziel war es, den sozialen Zusammenhang zu stärken. Heute müssen wir eingestehen, dass wir diesem Anspruch nicht gerecht werden, sondern das wir versagt haben. Meine Forderung ist, dass wir die bisherigen Arbeitsmarktpolitik in Bremen viel stärker auf die Armutsprävention fokussieren und diese endlich mit der Wirtschaftsförderung verknüpfen müssen.

Denn wer ohne Arbeit ist, ist Arm. Der Zugang zu Arbeit muss vor allem für Menschen, die sehr lange Zeit ohne Beschäftigung sein, wieder möglich sein. In meiner Rede (siehe unten) könnt ihr dazu mehr nachlesen.

Eins ist aber auch klar, ohne eine gerechtere Steuerpolitik, die die großen Einkommen und Vermögen von oben nach unten umverteilt, können wir die Kluft zwischen Arm und Reich nicht schließen. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer muss endlich her! Denn die Einnahmen aus dieser Steuer würden den Ländern und Kommunen zu Gute kommen (nicht wie viel Steuern dem Bund). Dann hätten klamme Kommunen wie Bremen wieder mehr Geld – nur zum Beispiel – für Kitas, Schulen, Kliniken und den öffentlichen Straßenverkehr.

Rede im Landtag am 21.1.2015 in der Aktuellen Stunde
„Armut und Reichtum nehmen zu – Konsequenzen aus dem Armutsbericht ziehen und umsetzen.“

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

die Opposition malt hier ein schwarzes Bild, indem sie behauptet, Rotgrün hätte zu wenig gegen die soziale Spaltung unserer Städte getan. Mit Blick auf die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion: Umverteilungspolitik ist in erster Linie Bundespolitik – Hier trägt Ihre Partei Verantwortung. Das ist keine Ausrede, wie sie es betonen, sondern eine Folge der föderalen Aufgabenverteilung. Sozialgesetzgebung und Steuerpolitik sind nun einmal Bundesgesetze: Staatsaufbau, Politikstudium, erstes Semester.

Es ist insbesondere die CDU, die eine gerechtere Steuerpolitik verhindert. Sie sind gegen die Einführung einer Besteuerung von sehr großen Vermögen. Sie verhindern, dass bei der Erbschaftssteuerreform mehr als eine Reparatur heraus kommt. Sie verhindern eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Nicht erst seit Piketty wissen wir, dass Steuerpolitik das zentrale Instrument ist um eine zu große Spreizung der Einkommen und Vermögen zu verhindern. Wer von Umverteilung nichts wissen will, sollte zu Armutsbekämpfung lieber schweigen!

Das alles ist aber kein Grund seine Hände in den Schoss zu legen.

Seit 2009 sind wir Grünen mit an der Regierung beteiligt. Wir haben von Anfang gesagt, wir finden uns nicht mit der Kluft zwischen Arm und Reich ab. Der jetzt vorliegende Bericht zeigt deutlich auf, dass wir unserem Anspruch nicht gerecht werden. Trotz allem und vielleicht auch gerade deswegen halten wir an unserem Ziel festhalten, den sozialen Zusammenhalt in unseren Städten weiterhin zu stärken.

Und in den Bereichen, wo Länder und Kommunen zuständig sind haben wir auch eine Menge getan. Zum Beispiel haben wir eine unheimliche Kraftanstrengung beim Kita-Ausbau vollbracht, wir haben die frühkindlichen Förderung gestärkt, den Ausbau der Ganztagsschulen vorangetrieben, für eine Stabilisierung der Quartiere gesorgt, die präventive Schuldenberatung neu eingeführt, die Hebammen gestützt. Und nicht zu letzt geht Bremen einen besonderen Weg bei der Integration von Flüchtlingen, der Vorzeigecharakter für andere Städte hat.

Die Zahlen aus dem neuen Armuts- und Reichtumsbericht zeigen deutlich, dass Bremen Spitzenreiter bei der verfestigten Armut ist. Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung und trotz guter Arbeitsmarktdaten. Allerdings kommt der Aufschwung kaum bei denjenigen an, die schon längere Zeit arbeitslos sind oder dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. 44% aller Arbeitslosen im Land Bremen sind langzeitarbeitslos. Hier müssen wir einen besonderen Schwerpunkt legen. Arbeit ist der Schlüssel zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Arbeit hat aber für uns auch eine hohe soziale Bedeutung. Für Menschen, die in einer verkrusteten Armutslage feststecken, bedeutet Arbeit endlich wieder dazu zu gehören.

Es reicht daher nicht aus, wenn sich die Arbeitsmarktpolitik auf das sogenannte „arbeitsmarktnahe Klientel“ konzentriert. Also diejenigen, die gut qualifiziert sind, relativ kurz erst arbeitslos sind und deshalb auch schnell vermittelbar sind. Wir müssen unsere Anstrengungen auf diejenigen konzentrieren, die schon länger ohne Erwerbsarbeit sind und die ohne Unterstützung keinen Job finden. Diese Schwerpunktsetzung ist auch bei Rotgrün erkennbar, in dem hier – insbesondere nach den Maßstäben eines Haushaltsnotlageland – viele Mittel zur Verfügung stehen. Die neue Förderperiode der EU ermöglicht uns hier handlungsfähig zu sein. Dies ist aber auch mit der Verantwortung verbunden, über die Verwendung dieser Mittel Rechenschaft abzulegen.

Wir müssen uns daran messen lassen, ob es uns gelingt, gerade auch die Langzeitarbeitslosen, die als schwer vermittelbar gelten, in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Und so wie Bürgermeister Böhrnsen es angekündigt hat – gilt es jetzt die Ärmel hoch zu krempeln, und alle Anstrengungen zu unternehmen, die Mittel aus der Arbeitsmarktförderung noch viel stärker auf die Armutsbekämpfung zu fokussieren und diese mit der Wirtschaftsförderung zu verknüpfen!

Es wird dabei aber auch immer Menschen geben, die nicht im ersten Arbeitsmarkt aufgenommen werden. Das sind Menschen, die aus verschiedensten Gründen keinen Bildungsabschluss und/oder auch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Diese Menschen können wir doch nicht einfach im Regen stehen lassen. Wir müssen sie da abholen, wo sie sind und ihnen Zugänge zu Arbeit bieten.

Wir sagen immer, es ist besser Arbeit zu finanzieren anstatt Arbeitslosigkeit. Hierfür brauchen wir einen sozialen Arbeitsmarkt! Das scheinen alle hier vertretenden Fraktionen so zu sehen. Allerdings stellt der Senat in dem Entwurf des Armuts- und Reichtumsbericht fest, dass der Aufbau und die Finanzierung eines sozialen Arbeitsmarkts mit einer dauerhaften Förderung von Arbeitsplätzen ohne Mittel des Bundes nicht finanzierbar sind. Hier ist die große Koalition in Berlin gefordert!

Unsere beiden Städte stehen bei der Armutsbekämpfung vor großen Herausforderungen. Wenn jeder vierte in Bremen armutsgefährdet ist, wird sich das nicht über Nacht ändern lassen. Sondern es ist ein langer und anstrengender Weg, den rotgrün 2007 begonnen hat. Wir haben noch viel vor uns.

Auf der Grundlage des Berichts werden jetzt die Maßnahmen kritisch überprüft und auf ihre Wirksamkeit überprüft. Dafür wird ein breiter Beteiligungsprozess organisiert, mit den Beiräten, Verbänden und Initiativen. Daraus ergibt sich dann der Abschlussbericht, der als Armutsprogramm dann umgesetzt wird.

Wir brauchen aber auch einen Rückenwind aus Berlin. Ohne eine Bundespolitik, die auch wieder die Umverteilung in den Fokus nimmt, wird das alles ziemlich schwer. Ich hoffe, dass Sie in Berlin Ihren Piketty gelesen haben.

Posted by:

Susanne Wendland

Leave A Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked (required):

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Back to Top