Armut und Reichtum – Handeln in Bremen und in Berlin

Hier ist meine Rede im Landtagsparlament zur einer Debatte über Armut und Reichtum abgebildet. Die Oppositionsfraktion DIE LINKE wirft der Regierung vor, wir würden zu wenig Geld ausgeben, um Armut abzufedern. Die Fakten sprechen dagegen: Die Sozialausgaben sind immens gestiegen, und der Ausbau der Kitas ist 100 Prozent -Schwerpunkt von Rot-Grün. Armutspolitik in einer klammen Kommune wie Bremen kann nur nachhaltig gelingen, wenn wir auch ausreichend Geld für öffentliche Einrichtungen wir Kitas, Ganztagsschulen und Jugendfreizeiteinrichtungen haben. Deswegen HER mit einer verfassungskonformen Vermögenssteuer und einer Reform der Erbschaftssteuer. Damit endlich auch die obersten 10% der Gesellschaft, bei denen sich der Reichtum konzentriert, ihren Beitrag zum Gemeinwohl leisten, von denen sie ja auch selbst hervorragend profitieren.

….

Landtagsrede am 16.7.2014

(Es gilt das gesprochene Wort).

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr  geehrte Damen und Herren, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Linke, mir ist schleierhaft, warum sie das von der Bürgerschaft beschlossene Verfahren ignorieren, nachdem der Bericht nach der Sommerpause der Bürgerschaft vorgelegt werden soll.

REDE im ParlamentIm Armuts- und Reichtumsbericht werden die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft. Die wirksamen Maßnahmen und auch neue werden zusammengeführt und in ein ressortübergreifendes Armutsprogramm gegossen. Das ist das politische Ziel von Rot-Grün in Bremen.

Frau Vogt, wenn Sie im Mai eine Große Anfrage stellen, zu einem Thema, zu dem wir sowieso nach der Sommerpause einen Bericht bekommen, dann erscheint mir ihre Anfrage als bloße Effekthascherei.

In den Debatten im Februar und April waren wir – ich betone wir – und damit meine ich an dieser Stelle auch sie, liebe Linke, hier im Parlament schon einen Schritt weiter. Wir haben fraktionsübergreifend erklärt, der Bekämpfung von Armut in Bremen gemeinsam! zu begegnen.

Als Regierungsfraktionen haben wir – wie auch der Senat – eingestanden – eingestanden, dass wir unser Ziel noch nicht erreicht haben. Rot-grün hat sich selbstkritisch hinterfragt und gemeinsam mit Ihnen allen ausführlich diskutiert, welche von den Maßnahmen nicht greifen, und wo wir noch besser werden müssen.

Nun entsteht durch ihre Ausführungen hier, Frau Vogt, der Eindruck, als wollten sie hinter diesen Schulterschluss im Parlament zurückgehen. Selbst die CDU hat das drängende Problem Armut und den dringenden Handlungsbedarf erkannt. Ich hoffe, liebe Linke, dass sie das gemeinsame Vorhaben nicht aufkündigen wollen.

Lassen sie uns den Blick noch auf Umsetzung der Maßnahmen gegen Armut in Bremen richten. Armutsbekämpfung ist nicht allein die Aufgabe des Sozialressorts. Nein, dem ist mitnichten so, denn Armut muss an ihren Wurzeln angepackt werden. Dazu müssen alle Maßnahmen in den Blick, vor allem auch die im Bereich von Arbeit, Wirtschaft und Bildung. Diese Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen ist ein sehr komplexes Vorhaben. Ich bin daher sehr gespannt auf eine sorgfältigen Bericht im September den uns der Senat zur Beratung vorlegen wird.

Wir warten aber nicht auf den Bericht und sind bis dahin tatenlos.

Damit wir in der Armutsbekämpfung erfolgreich werden können, müssen wir Schwerpunkte setzten. Wir können gerade nicht alles gleichzeitig anfassen. Die Grüne Fraktion konzentriert sich daher auf die Schwerpunkte Kinderarmut, Armutsrisiken von Migranten und Unterstützung für Langzeiterwerbslose.

Frau Vogt, die Behauptung, wir würden Armutspolitik „light“ machen, weil der Senat, so sagen sie – in ihrer Pressemitteilung – ab dem Zeitpunkt der Zustimmung zur Schuldenbremse damit auf gehört haben soll, Maßnahmen zur Verringerung von Armut durchzuführen und der Senat hierfür keine ernsthafte Sorge tragen würde, ist absurd und zugleich billigste Polemik.

Auch vor der neuen Schuldenbremse hatte die Koalition das Ziel das Defizit Bremens zu senken. Und Armutsbekämpfung auf Pump ist für Rot-Grün keine Lösung.

Ihre Behauptung ist zudem schlichtweg falsch und mit keinen Fakten unterlegt.

Zu den Fakten: Aufgrund der neuen Schuldenbremse verringern wir die Kreditaufnahme und stecken – trotzdem – mehr in die Ausgaben. Das zeigt sich daran, dass die Ausgaben abzüglich der Zinsen in den letzten Jahren stärker gestiegen sind als die Inflationsrate. Mit Primärausgaben (Gesamtausgaben minus Zinsen) mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 3,3 Prozent – die damit deutlich oberhalb der Inflationsrate liegt – kommt erblich mehr beim Bürger an. Insgesamt sind die Primärausgaben seit 2007 bis 2013 um über 700 Millionen Euro angestiegen. Ich will das an zwei Beispielen erklären:

Bei den Sozialleistungen haben wir 2007 573 Millionen ausgegeben, 2013 766 Millionen (plus von 193 Millionen Euro).

Und beim Ausbau der Kindertagesbetreuung schichten wir gerade erheblich um. In 2007 wurden 82 Millionen in der Stadt Bremen ausgegeben, 2013 waren es160 Millionen. Das ist eine Steigerung von 100 Prozent beim Kita Ausbau. Das ist eine enorme Leistung für ein Haushaltsnotlageland.

Trotzdem ist die Forderung nach einer auskömmlichen Finanzierung der Kommunen bei der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen richtig. Hier müssen wir dafür kämpfen, dass die besondere soziale Lage Bremens berücksichtig wird.

Nichts desto trotz kann von einem Land wie Bremen nicht erwartet werden, dass es die Hausaufgaben des Bundes macht. Bei der politischen Bewertung dessen, was wir hier in Bremen, vor Ort gegen Armut tun können, müssen wir uns immer vor Augen halten, dass wir nur im Rahmen unserer Kompetenzen und Zuständigkeiten reparieren können, was auf der Bundesebene unterlassen wird. Deswegen ist es auch richtig, dass wir in Bremen einen Schwerpunkt auf sozialräumliche Maßnahmen setzten. Um die große Schere zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik zu schließen brauchen wir dringend eine andere Politik im Bund. Eine Politik, die die Wohlhabenden in ihrem Einkommen und Vermögen so besteuert, dass wir uns eine gute Sozialpolitik leisten können. Da ist die Große Koalition im Bund in der Verantwortung.

Der Regelsatz für Hartz IV Empfänger muss endlich menschenwürdig und verfassungskonform berechnet werden, die Sanktionen gehören ausgesetzt, bis die Rechte der Leistungsempfänger gegenüber den Behörden gestärkt sind. Und: Das Asylbwerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden und in den Leistungs- und Regelkatalog nach SGB II überführt werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(…)

Zweiter Redebeitrag (Es gilt das gesprochene Wort*)

Es hat schon immer Regeln für Verschuldung gegeben. Das ist auch sinnvoll. Die alte Schuldenbremse sah nur noch eine Kreditaufnahme bei den Investitionen vor. Insofern ist Ihre Behauptung absurd. Denn zur Abfederung von Armutsfolgen brauchen wir !konsumtive Mittel. Konsumtive Mittel wurden zur Armutsfolgenabfederung- so habe ich Ihnen das in meinem ersten Redebeitrag anhand der Finanzzahlen dargelegt – erheblich gesteigert. Zur Erinnerung: Die Primärausgaben sind seit 2007 bis 2013 um über 700 Millionen Euro angestiegen. Bei den Sozialleistungen haben wir im Zeitraum von 2007 (573 Millionen) bis 2013 (766 Millionen) einen Zuwachs von 193 Millionen Euro. Und die Ausgaben für den Kitaausbau wurden in diesem Zeitraum um 100 Prozent gesteigert. Armutspolitik „light“brauchen wir uns von Ihnen nicht vorwerfen lassen.

Um Armut an den Wurzeln zu packen und die Schere zwischen Arm und Reich nachhaltig zu schließen, benötigen wir dringend eine Kehrtwende in der Steuerpolitik. Dieses Problem können wir bei allen Maßnahmen, die wir hier in Bremen mit großer Anstrengung zur Abfederung von Armut vornehmen, nicht weg ignorieren.

Es ist sinnvoll und notwendig, dass das Geld was wir für Sozialpolitik – und damit für öffentliche Einrichtungen, wie nur zum Beispiel für Schulen, Kitas oder in der Jugendarbeit – ausgeben auch durch eine gerechte Besteuerung von leistungsfähigen Menschen einnehmen. Dies ist zur Zeit nicht so. Wir alle wissen, dass hohe Einkommen und Vermögen bei den obersten 10% in dieser Gesellschaft konzentriert sind. Und gerade, weil auch die oberen 10% unserer Gesellschaft von diesen öffentlichen Institutionen profitieren, um ihre eigene Leistungsfähigkeit zu erhalten oder herzustellen, sollen sie auch ihren angemessenen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten.

Die Schere zwischen Arm und Reich kann nur geschlossen werden, wenn Vermögen wieder direkt besteuert werden. Um das Vermögen direkt zu besteuern, brauchen wir endlich eine verfassungsgebende Vermögenssteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer. Mit diesen Steuern könnten wir eine gerechte Umverteilung vornehmen und Armut vor Ort zu bekämpfen.

Wir müssen im Bund an der Steuerschraube drehen. Und im Lande Bremen müssen wir uns konsequent unterhaken. Wir müssen alle Kräfte in Bewegung setzten, um im Rahmen unserer Landeskompetenz und Mittel Armut präventiv zu verhindern und die schlimmsten Folgen abzufedern. Die rot-grünen Schwerpunkte, den Ausbau der Ganztagsschulen und der Kitas unter Haushaltskonsolidierung voranzutreiben sind richtig. Hier lassen wir nicht nach.

Die Schwerpunktsetzung zeigt, dass Rot-Grün die Zukunft der Kinder in diesem Land besonders wichtig ist. Den Ausbau der Kindertagesbetreuung wollen wir unter sozialen Gesichtspunkten fortsetzen – auch durch gezielte Ansprache der Eltern in den sozialen Brennpunkten, damit diese ihre Kinder in die Krippe bringen. Wir planen den Ausbau hier in Blumenthal, Gröpelingen, Osterholz und Kattenturm.

Wir wollen auch, dass Kitas Orte für die ganze Familie werden. Deswegen müssen die Kitas echte Kinder- und Familienzentren werden, worüber wie Eltern auch durch aufsuchende Arbeit erreichen wollen. Die Kinder- und Familienzentren sollen auch zu Bildungszentren entwickelt werden, über die wir dann Eltern erreichen, um ihnen Angebote zur Weiterbildung und Arbeit machen zu können.

Um Kinderarmut an der Wurzel zu bekämpfen ist frühkindliche Bildung unerlässlich. Frühkindliche Bildung kann Kindern gerade aus bildungsferneren Schichten ein Fundament für ihren weiteren Bildungsweg legen. Dazu gehört auch einen guter Zugang zum Spracherwerb, der für die Teilhabe an Gesellschaft unerlässlich ist. Hier haben viele Kinder aus bildungsfernen Schichten – und nicht nur die von Migrantinnen und Migranten – Defizite. Wir setzten deshalb unsere Anstrengungen bei der Sprachförderung fort und müssen hier – auch finanziell, spätestens in der neuen Legislaturperiode– noch nachlegen.

Die Anstrengungen für Sprachförderung und frühkindlicher Bildung sind eine wichtige Säule zur präventiven Armutsvermeidung für die Zukunft. So vermindern wir nachwachsende Armut. Zwei weitere Zielgruppen sind Migranten und Langzeitarbeitslose. Beide sind auch überdurchschnittlich von Armut bedroht und erfordert unsere verstärkte Aufmerksamkeit.

Posted by:

Susanne Wendland

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